Biennale Venedig 2019

Kunst-Biennale Venedig 2019
„Mögest du in interessanten Zeiten leben“

Der Kurator Ralph Rugoff wählte dieses Motto für die größte internationale Gegenwartskunst-Schau und wahrte mit diesem angeblich chinesischen, beliebig interpretierbaren Spruch seinen publikumsorientierten Stil der Auswahl und Präsentation von Kunst.

„Weather Report: Forecasting Future“ im Nordic Pavillon (Janne Nabb, Maria Teeri, Ane Graff, Ingela Ihrman)

Aber belanglose Wohlgefälligkeit für nackte Wände war nicht geplant, denn die „Ausstellung sollte die Augen der Menschen für bislang nicht bedachte Lebensmöglichkeiten öffnen und so ihre Sicht auf die Welt verändern“. Im Vordergrund standen dementsprechend „andere Möglichkeiten der Vernetzung und Kontextualisierung, um uns aufzufordern, die Bedeutung der sogenannten Fakten zu überdenken“ (gek. n. R. Rugoff, Short Guide)

Dazu bestand reichlich Gelegenheit, wobei die eye-catchenden Megaobjekte eher im Gedächtnis bleiben: der seiner Aufgabe nicht gewachsene Industrieroboter aus China, „Can’t Help Myself“ von Sun Yuan und Peng Yu, die unendlich vielen herabhängenden schwarzen Papierbahnen „I have forgotten the night“ von Joël Andrianomearisoa aus Madagaskar, der raumfüllende, mit dem Goldenen Löwen ausgezeichnete, aber nur samstags bespielte litauische Beitrag „Sun & Sea (Marina)“ von Lina Lapelyte, Vaiva Grainyte und Rugile Barzdziukaite, oder die venezianische Installation „Bodies in Alliance“, ein aufgeblasenes Plastikröhrenlabyrinth auf Gel-Boden von Sidival Fila u.a..

Gemälde und Fotos bildeten die rare Ausnahme, faszinierten aber mit den Videos und Großinstallationen in den elliptischen Lehmwänden  von „Ghana Freedom“ )Felicia Abban, John Akomfrah, El Anatsui, Lynette Yiadom Boakye Ibrahim Mahama und Selasi Awusi Sosu).

Unter den besten Pavillons ist auch der österreichische Pavillon mit seiner „amo ergo sum“-Hommage an die radikal-feministische Avantgardistin Renate Bertlmann mit ihrer fast lieblichen Parade einer Rosenblütengarde auf Speeren.

Das Motto lässt sich also beim Rundgang durch die Hallen erkennen: Mögen Umwelt, Digitalisierung, Umnachtung, Müßiggang, Erdung, Freiheit und Feminismus als künstlerische Perspektiven unserer Zeit interessant sein.